Weniger ist mehr

Je länger ich reise, desto leichter wünsche ich mir mein Gepäck. Am Anfang ging es mir vor allem darum, ein möglichst leichtes und wendiges Fahrrad zu haben. Jetzt bin ich froh, nur diejenigen Gegenstände dabei zu haben, die ich wirklich brauche. In meinem sonstigen Leben besitze ich so viel Zeug, das ich nur selten verwende. Hier verwende ich alles fast täglich (außer meinem Oh-Shit-Kit aus Erste-Hilfe-Set und Reparaturmaterialien, das zum Glück nur selten nötig ist). ...

11. August 2024 · emma

Hüttenabend

Es ist windig. So windig, dass meine Jacke im Wind knattert. So windig, dass ich zwar mein Zelt kurz zum Trocknen festgebunden habe, dann aber doch nicht darauf vertraut habe, dass es nicht im nächsten Tal landet. Trotzdem ist es in den fünf Minuten, die es im Wind verbracht hat, doch ganz gut angetrocknet. So windig, dass ich zu meinem abendlichen Bad keine Wechselkleidung mitgenommen habe aus Angst, dass auch diese im Tal landet. Sehr froh bin ich, dass ich heute nicht im Zelt übernachte. ...

10. August 2024 · emma

Zähneklappern

Heute war einfach kalt und nass. Das fasst auch schon den Tag zusammen. Eigentlich war die Strecke zumindest zu Beginn ganz schön, auch wenn der Weg im Prinzip ein Bach war. In kürzester Zeit bin ich durch all meine Schichten nass. Das einzige, was mich halbwegs warm hält, ist das Fahren. Als es bergab geht, hilft aber auch das nicht. Ich halte im Supermarkt um einzukaufen, Geräte zu laden und mich aufzuwärmen. Die Joker Kette in Norwegen erfreut mich mit ihren Sitzecken und Kundenklos immer wieder. In diesem Laden verbringe ich mehrere Stunden und koche mir sogar Mittagessen. Ich wärme ein wenig auf, merke aber auch, wie tief mir die Kälte im Körper sitzt, auch wenn ich noch nicht sehr weit gefahren bin. ...

9. August 2024 · emma

Etappenziele

Heute also das Tal hinter. Die Strecke, die ich gestern schon wegen des Bundesstraßenanteils gefürchtet hatte. Ich möchte sie heute einfach hinter mich bringen. Die Strecke vermeidet, wo es geht, durchaus die Bundesstraße, und so geht es am Anfang über sehr steile, und zumindest mit Gepäck nicht fahrbare Graswege. Anstrengend aber vielleicht die Anstrengung wert? So sicher bin ich mir da nicht. Ein sicheres Highlight auf einem etwas abwegigen Umweg: zwei sehr soziale Ziegen, die lange neben mir her laufen und sich auch kraulen lassen. Sie versuchen die Bänder meiner Lenkertasche anzuknabbern, da muss ich sie leider wegschieben. ...

8. August 2024 · emma

Zwei Tage?

Ich wache nach viel zu wenig Schlaf sehr früh, gegen 4:30 Uhr auf. Der Wind, oder viel mehr meine Sorge darum, hat mich schlecht schlafen lassen. Zumindest hat er mein Zelt trocken geblasen. Es soll ab 8 Uhr regnen und ich gebe die Hoffnung auf weiteren Schlaf auf, um mein Zelt trocken einpacken zu können. Zumindest ist es schon hell. Die Strecke des Rallarvegen von hier ist genau das Fahren, was ich mir wünsche. Eine schöne und spannende Berglandschaft, und ziemlich anspruchsvolle, aber noch gut fahrbare Forstwege. Ich staune über die Gletscher in der Ferne, die Grüntöne der Moose und die Blautöne, die die Gewässer annehmen. Ich freue mich an den Schneefeldern, die auch im August noch am Weg liegen. Es geht viel bergab, von gebirgigen 1300hm runter auf Meereshöhe im Fjord. Langsam wird der Weg weniger wild, langsam umgeben mich mehr Menschen. ...

7. August 2024 · emma

Unterhosenabholung

Mein Reifen rutscht weg, mein Fuß kommt nicht schnell genug aus dem Clickie raus und ich bremse mit meinen Händen und Armen. Mein erster Sturz der Reise, in den ersten fünf Minuten des Tages. Einmal alles schütteln, funktioniert alles noch? Scheint so. Mein Ellenbogen tut weh, er ist aufgeschürft. Sonst völlig unversehrt. Ich muss erst mal durchatmen. Noch mal Glück gehabt und eine gute Warnung zu Vorsicht. Die Nacht habe ich in der Nähe eines größeren Fluss verbracht, der an so vielen Orten und Siedlungen vorbeiführt, dass ich das Wasser auch gefiltert nicht unbedingt trinken möchte. Unklugerweise habe ich davor meine Wasserflaschen auch nicht aufgefüllt. Beim frühzeitigen Flaschenauffüllen muss ich noch ein wenig dazulernen. Deswegen gibt es Knäckebrot statt Haferbrei zum Frühstück, das geht auch ohne Wasser. Danach suche ich nach Wasser und frage schließlich ein paar Handwerker danach. Sie sprechen nur Polnisch und Russisch und ich bin sehr stolz als ich mein Polnisch aus den hintersten Ecken meines Gehirns rauskrame und nach “woda” frage und mich mit “dziękuję” bedanke. ...

6. August 2024 · emma

Telefonieren

Sechs Stunden verbringe ich heute damit. Eigentlich ein wenig versehentlich. Morgens habe ich noch keine Verbindung. An Fønhuskoia gibt es keine, ich genieße die Ruhe. Ich schreibe viel und genieße die Sonne. Tagsüber kann man den Außenbereich der Hütte auch nutzen, da halten sich die Mücken endlich fern. Ich bin langsam heute Morgen, und an der Hütte aufzubrechen kostet mich viel Zeit: es hat auch Vorteile im Zelt nur einen Topf zu haben den ich dreckig machen kann - hier komme ich auf je vier Töpfe und Teller plus mehrere Tassen die alle abgespült werden müssen. Der Nachteil daran, dass ich die ganze Hütte für mich alleine habe ist, dass ich sie auch alleine putzen muss. Bei der Kombination aus Genuss und Putzen breche ich um 14 Uhr erst auf. ...

5. August 2024 · emma

Beerig

Der Tag heute war ein einziger Genuss. Ich hatte mich nur bedingt auf den Tag gefreut, weil viel Regen vorhergesagt gewesen war. Die bedrohlichen Wolken am Vormittag haben meine Hoffnung auch nicht geweckt. Letztendlich sind aber die meisten an mir vorbeigezogen, nur mein Zelt ist nachts nass geworden. Es hat dann nur ein paar Mal kurz geregnet und ich hatte nachmittags sogar ganz viel wunderbar warme Sonne. Ich habe mir heute richtig Zeit genommen, an vielen Stellen auf die besten Arten getrödelt, angefangen mit langem ausschlafen. ...

4. August 2024 · emma

Rhythmus suchen

Ich weiß noch nicht, was ich mir von meiner weiteren Reise wünsche. Vielleicht ist es das, was mir heute ein wenig aufs Gemüt schlägt. Nach einer unruhigen Nacht breche ich erst mittags auf. Ich bin immer noch ein bisschen schwach. Weil ich so langsam vorankomme, hatte ich mich in der Distanz zur nächsten Stadt ein wenig verschätzt. Ich esse noch meine allerletzten Haferflocken, dann gehen zum ersten Mal überhaupt auf dieser Reise meine Vorräte leer (bis auf eine halbe Tube Honig, Salz und Zimt). Dank Himbeeren, Blaubeeren, und Walderdbeeren halte ich bis zum nächsten Supermarkt durch. ...

3. August 2024 · emma

Wiedervereinigung

Endlich wieder auf meinem Fahrrad! Es sind ganze drei Wochen vergangen, seit ich zuletzt darauf saß. Ich war sehr glücklich in dieser Zeit, freue mich aber jetzt sehr wieder, in den Sattel zurückzukehren. Das Wetter spielt mit, angenehmstes Sommerwetter strahlt mir ins Gesicht. Ich strahle über das ganze Gesucht zurück, als ich wieder in die Pedale treten darf. Die letzten zweieinhalb Wochen werde ich versuchen in anderen Blogeinträgen zusammenzufassen. Es ist viel passiert, und es ist eine Herausforderung dem gerecht zu werden. Ich wurde nach meiner langen Funkstille schon gefragt, ob denn alles gut bei mir ist (lieben Gruß an Hauke und das Hexenbad). Alles ist sehr gut, aber ich habe auch noch viel Neues einzuordnen. In Kurzfassung für Kontext: ich habe eine Woche auf einer Art Festival verbracht, dort ein paar Menschen sehr intensiv kennengelernt und meine Beziehung zu mir selbst neu definiert. Ich habe mich in einen dieser Menschen Hals über Kopf verliebt und dann noch eine Woche bei ihm verbracht. Ich habe Entscheidungen über mein Leben ab Herbst getroffen, unter anderem nach Schweden zu ziehen. Ich habe noch mal ein paar Reperatur- und sonstige Materialien organisiert, bin nach Oslo zurückgefahren, krank geworden. Ich wurde zu zwei Tagen Pause bei und mit meiner lieben Gastfamilie gezwungen. Heute bin ich weitergezogen. ...

2. August 2024 · emma