Ganz früh geht es los. Mein Schlafplatz ist unbequem genug, dass ich mich nicht noch einmal umdrehe. Meine Haferflocken hatte ich abends eingeweicht, also muss ich sie nicht einmal kochen. Innerhalb einer Stunde ist alles gepackt und eine Strecke für den Tag geplant. Es wird wieder viel an großen Straßen entlanggehen, aber meistens auf Fahrradwegen.

Gestern habe ich die Grenze überschritten. Die Norweger überholen respektvoller, lassen mir 1-2 Meter Platz, und ich fühle mich nicht, als ob ich vom nächsten LKW in den Straßengraben gedrängt werde. Mitten am Tag sehe ich Rehe und sogar ein Rehkitz in der Ferne.

Gegen Mittag halte ich an, um ein wenig Zeit zu vertrödeln. Ich hatte mich erst ab 15 Uhr an meinem Schlafplatz angekündigt und habe es nicht mehr weit. Es gibt Kaffee, und ich beginne, nach Routen durch Norwegen zu suchen, die mich weniger an großen Straßen entlangführen. Es macht Spaß, über unterschiedliche Wege zu träumen, Orte und Fotos zu entdecken, die mich begeistern.

Während meiner Fahrt träume ich von praktischeren Fahrradsetups. Mein Fahrrad und Gepäck sind für meinen Geschmack ein wenig schwer, klappern teilweise, und mit den Panniers bin ich breiter als ich gerne wäre. Ich wäre gerne so wendig wie möglich, bereit für jedes Terrain. Die langen Fahrten lassen mir viel Zeit, meine Gedanken wandern zu lassen. Beim Bergabfahren überlege ich mir, wie man Panniers besser befestigen könnte und den Platz im Rahmen besser nutzen könnte. Bergauf, im kleinsten Ritzel, träume ich von einer Mountainbike-Schaltung mit einem kleineren “Rentnergang”. Nach und nach werde ich sicher mein Setup verfeinern; erstmal reichen mir die Kosten vom bisherigen Material und Reparaturen. Und auch wenn es nicht ideal ist, ich komme fast überall hin, wo ich hin möchte. Ich überlege auch, selber Taschen zu nähen, wenn ich zurückkomme.

Norwegen ist richtig teuer. Ich verlese oder vertue mich im Supermarkt und muss für die Kirschen gefühlt meine Niere verkaufen. Es ist anstrengend, in einem Land zu sein, in dem ich selbst im Supermarkt genauer darüber nachdenken muss, was ich zu Abend essen möchte.

Ich darf im Haus von Freunden von Freunden übernachten, obwohl diese im Urlaub sind. Ich bin richtig dankbar für ihre entspannte Großzügigkeit, die es mir erlaubt, mal wieder den Luxus eines Hauses zu genießen: Waschen, Duschen, Kochen. Ich darf dort so lange bleiben, wie ich will, und erlaube mir ganze zwei Nächte, damit ich in Ruhe meine weitere Route planen, Oslo anschauen und mein Material pflegen kann. Es gibt wieder neue Löcher zu stopfen.

Ich baue mir eine kleine Sammlung von Ideen für Routen in Norwegen auf und träume mich an Fjorden entlang.