Wofür brauche ich eigentlich mein Handy? Diese Frage stelle ich mir, als ich einschätzen muss, wie es für mich von hier weitergeht. Hörbücher hören; ein sehr schöner Luxus, aber es geht leicht ohne. Mit Oma und Opa telefonieren; nicht überlebensnotwendig. Diesen Blog schreiben; tut mir leid, aber ich könnte darauf verzichten. Fotos machen; Schade ohne, aber ok. Supermärkte finden; kann ich auch indem ich frage. Hütten buchen und finden; etwas komplizierter, aber ich habe ja ein Zelt. Routen planen; tatsächlich wichtig, wenn ich an einen bestimmten Ort will. Außer ich mache es so wie meine dänischen Bekanntschaft und lasse an jeder Weggabelung den Zufall beziehungsweise die Nase entscheiden.

Die Idee, kein Smartphone zu haben fühlt sich unbequem, unwohl an. Auch außer der spezifischen Funktionen, die es erfüllt, gibt das kleine Multifunktionsgerät mir ein Gefühl von Sicherheit. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich es zuletzt mehr als einen Tag ausgeschaltet hatte.

Jetzt ist diese Illusion von Sicherheit also in Gefahr. Mein Handy lädt nicht mehr, ich kann dem Akku beim langsamen Entladen zusehen. Zusätzlich habe ich an meinem Schlafplatz kein Internet, ohne dieses zu planen fühlt sich komisch an.

Letztendlich ist klar, dass ich zurück nach Oslo fahren sollte. Ich will Samstag den Bus von Oslo nach Göteborg nehmen, um zu dem Festival zu fahren. Wenn mein Handy tatsächlich kaputt ist, möchte ich Zeit haben, es reparieren zu lassen.

Und wie komme ich jetzt nach Oslo? Ich kann zwar nicht nachschauen, aber bin mir ziemlich sicher, dass im Tal ein Zug nach Oslo geht. Eine Karte habe ich zum Glück geladen und plane eine möglichst einfache Route runter. Nach einigen Kilometern finde ich wieder eine Verbindung und kann bestätigen, dass es tatsächlich heute Züge nach Oslo gibt. Ich rase ins Tal hinunter, den Zug um 12 Uhr zu erwischen. Im Zug schlafe und lese ich. Mein Handy geht endgültig leer.

In Oslo finde ich einen Elektronikladen, und lade zunächst mal mein Handy mit einem kabellosen Ladegerät, während ich mich ganz nett zu Kopfhörern beraten lasse. Als das Handy ein wenig geladen ist, gehe ich zu einem Reperaturgeschäft nebenan. Sie stellen fest: mein Kabel ist kaputt, mein Handy funktioniert. Erleichterung. Das lässt sich leicht beheben. Weil ich nur ein Kabel hatte, konnte ich nicht testen, ob es vielleicht doch nur daran liegt. Neues Kabel und schon ist mein Handy wieder fast voll. Jetzt bin ich also bis Samstagmittag in Oslo ohne besonders dringliche Erledigungen. Die Sonne scheint, es fühlt sich nach Sommer an.

Ich darf wieder bei Susannes Familie in Nesoddtangen übernachten und kehre in das schöne Haus zurück. Ich unterhalte mich noch mit Gustav, dem Handwerker, der gerade die Außentreppe neu baut. Sympathisch, er gibt mir Tips für die Umgebung. Ich kaufe Zutaten für Sommergerichte und koche mal wieder etwas aufwändiger als Ramennudeln. Auf meinem Handy schaue ich ein Rezept nach, höre Musik, telefoniere mit Oma und Opa.

Verrückt, dass es sich heutzutage wie ein Abenteuer anfühlt, sich nicht auf sein Handy verlassen zu können. Meines hat sich zum Glück sehr einfach gelöst. Dennoch: Wie abhängig will ich davon sein?